9Live-Moderator Max Schradin packt aus
Im Sommer 2011 stellte der bekannte Call-In-Sender 9Live seinen Betrieb ein, es war Schluss mit dem „Hot Button“, fragwürdigen Gewinnspielen und skurrilen Lösungen wie dem „Stirnlappenbasilisken“, wenn nach Tieren mit S gesucht wurde. Jetzt, ein halbes Jahr nach dem Aus des Senders hat das Medienportal dwdl.de mit einem der ehemaligen Moderatoren, Max Schradin (33), gesprochen und einige neue Einblicke in die Arbeit hinter der Kamera bekommen.
Oftmals wurde kritisiert, die Anrufe seien gestellt gewesen oder es seien niemals Gewinne ausgezahlt worden. „Dazu muss ich klar sagen: Das ist Scheiße! Das muss ich ganz klar sagen: Das war niemals so. Also es gab nie fingierte Anrufe, die was gewonnen haben. Es hat keiner etwas geduldet, was nicht richtig war. Das Ding läuft in Deutschland nicht fast zehn Jahre, wenn es Betrugsfernsehen wäre und die Leute kein Geld bekommen würden. Der erste Anrufer, der keine Kohle bekommt, hätte vielleicht noch den Mund gehalten. Der Zehnte vielleicht auch. Aber beim Hundertsten doch nicht mehr. Das wäre doch rausgekommen“, erklärt er im Interview. Auch das Zufallsprinzip des „Hot Buttons“ verteidigt er, da habe es keine Schiebung oder Absprachen gegeben. Trotzdem sei nicht alles richtig gelaufen bei dem Sender, dem es nicht um Zuschauerzahlen, sondern um den Umsatz ging. „Es gab Spiele, die sind zehn Stunden gelaufen und das war ein Unding. Mal ganz im Ernst: 9Live war ein Wirtschaftsunternehmen, und wenn man dann ein Spiel hatte, in das die Zuschauer komplett vernarrt waren - die Leute haben angerufen und angerufen, weil sie das Spiel geil fanden - und der Moderator dann sagt: 'Also Leute, irgendwann muss das jetzt hier mal zu Ende sein', dann hat der Moderator nicht gelogen. Die Anruferzahlen sind aber exorbitant hoch und du machst in der Minute was weiß ich wie viele 10.000 Euro Umsatz, dann kommt kein Geschäftsführer dieser Welt und sagt: 'Wir beenden das jetzt. Wir lassen das jetzt bleiben und verzichten erstmal auf 20.000 Euro, 25.000 Euro, 30.000 Euro 50.000 Euro, vielleicht 100.000 Euro, die das Spiel in den nächsten Stunden noch gebracht hätte.' Aber ich habe mich immer gefragt: Wie viele Leute haben jetzt verloren?“, gibt er ganz offen zu.
Ein weiterer Fehler sei gewesen, nicht von Anfang an klare Spielregeln festgelegt zu haben: „Dann hätte es vielleicht am Anfang nicht so ein exorbitantes Umsatzwachstum bei dem Sender gegeben, aber 9Live wäre jetzt noch auf Sendung, weil man sich dann sowas wie den Stirnlappenbasilisk gar nicht hätte ausdenken müssen. Natürlich hat 9Live übertrieben mit Sendungen und Spielen, die zehn Stunden gingen. Natürlich hat man mit exorbitant schweren Lösungen Zuschauer vergrault. 9Live hat sich da selbst ein Bein gestellt, weil nur von heute auf morgen der Umsatz gesteigert werden musste.“ Der Druck, den Umsatz-Erwartungen nicht gerecht zu werden, sei eine Erklärung, warum bei manchen Formaten so übertrieben worden sei.
Doch trotz all der Kritik bereut Max seine Arbeit bei 9Live nicht. „Wir alle haben unbezahlbare Live-Erfahrung bei 9Live mitgenommen. Und die Erinnerung an den Sender wird irgendwann schwinden, aber das, was ich da gelernt habe, bleibt mir. Damit kann ich nach vorne blicken.“ Konkrete Zukunftspläne gebe es zwar bisher noch nicht, aber man wird bestimmt noch von Max Schradin hören.