VMAs: So schön eskalierte das 'N Sync-Comeback
Einige Streicher setzen pompös ein, dann kommt Justin Timberlake (32) lässig um die Ecke. Er trägt einen Hut, atmet kräftig durch, positioniert sich bedeutungsschwanger auf der Bühne. Dann wird es laut in Brooklyn bei den MTV Video Music Awards. Die Scheinwerfer, die Menschen so toll inszenieren können, erlauben dem pochenden Publikum plötzlich fünf vertraute Silhouetten. Einige dieser Silhouetten wirken nicht mehr so schmal wie früher, aber als das 'N Sync-Tape "Girlfriend" ankündigt - nach über zehn Jahren - gibt es nichts, was egaler ist.
Taylor Swift (23) weint fast vor Glück, Pop-Königin Lady Gaga (27) klatscht wie ein Teenie, Selena Gomez (21) kriegt den Mund nicht mehr zu - von den übrigen Tausenden Fans ganz zu schweigen: Wenn die ruckelnde Zeitmaschine Richtung 90er Jahre quietscht, hört sich das an, als würden zehntausende junge Damen kreischen. Vielleicht ist das auch so, aber den Gefallen, darüber groß nachzudenken, gibt es nicht, weil im zweifellos überhöhten Moment einer Boyband-Reunion Sinn und Verstand "Bye Bye Bye" singen - wie in der VMA-Nacht bei der
großen 'N Sync-Reunion!
Boyband-Comebacks sind die Momente, in denen die Gegenwart versagt. In denen Jetzt-Stars wie Justin Bieber (19), Miley Cyrus (20) oder One Direction einfach abstinken. Dann regiert die Vergangenheit: überstrahlt, verklärt, siegt. Lance Bass (34), JC Chasez, Justin Timberlake, Joey Fatone und Chris Kirkpatrick sind zurück. Sie haben Spaß, sie machen ihr Ding - wie früher, nur behäbiger. Die "Bye Bye Bye"-Stampferei mit den Fäusten gen Himmel sitzt noch. Echter Boygroup-Revival-Kitsch.
In der Mitte steht Justin Timberlake noch mehr im Mittelpunkt als früher schon. Er sieht noch besser aus als damals: Reife, Coolness, Talent. Und dann auch noch "Mirrors", als die Blitz-Reunion mit den Scheinwerfern erlischt und Timberlake wieder allein ist. Der Sänger ist Damals-Star ("Ohne diese vier Jungs hätte ich nicht die Hälfte meiner Preise gewonnen") und Jetzt-Star in Personalunion. Das ist im schnelllebigen und von Abstürzen geprägten Welt-Popbusiness so selten - und das macht Justin Timberlake in dieser Nacht zum gefeierten Helden der Pop-Branche.
Und das ist alles sind die Gründe dafür, warum rund drei Minuten Halb-Playback der größte Moment der diesjährigen MTV Video Music Awards waren.